Sommersemester 2020
Gemeinsam informiert entscheiden – was Ärztinnen und Ärzte noch lernen können: ein DBR-Projekt
Autorinnen: Dr. Birte Berger-Höger / Dr. Susanne Buhse
Design-Gegenstand: Veranstaltungskonzept
Das Kerncurriculum „Evidenzbasierte Entscheidungsfindung“ des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin soll eine evidenzbasierte (informierte) gemeinsame Entscheidungsfindung (englisch informed shared decision making; ISDM) zwischen Gesundheitsprofessionen und Patient*innen bei gesundheitlichen Problemen fördern. Zunächst soll das Curriculum in einem Fortbildungskurs für Ärztinnen und Ärzte umgesetzt werden. Dieser umfasst sechs Module über vier Tage mit einer eingebetteten E-Learning-Phase. Ziel des Kurses ist, dass die Teilnehmenden ihr eigenes Handeln kritisch reflektieren und langfristig das Gelernte in die eigene Praxis integrieren.
Dieses Design-Based-Research (DBR) Projekt fokussiert die Entwicklung und Überprüfung von Designelementen zur Förderung des Reflexionsprozesses und der Übertragung des Erlernten auf Fragestellungen aus der klinischen Praxis der Zielgruppe.
Das Projekt umfasst einen DBR Mesozyklus. 1.) Exploration und Analyse: Obwohl gesetzlich verankert, findet ISDM in der Praxis nicht statt. Mit Hilfe der Theorie des geplanten Verhaltens wurden Faktoren analysiert, welche die Ausübung von ISDM beeinflussen. 2.) Design und Entwicklung: Als Designelemente wurden u.a. eine Fallstudie sowie Transferaufgaben entwickelt, welche die Einstellung zu ISDM und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle (Wissen und Fertigkeiten in ISDM) entsprechend der Theorie des geplanten Verhaltens fokussieren. 3.) Evaluation und Reflexion: Der Kurs wurde mit 29 Teilnehmenden in Halle und Berlin getestet. Mittels Beobachtung und Fokusgruppeninterviews wurden die Designelemente überprüft. Insgesamt zeigten die Teilnehmenden einen Zuwachs an Kenntnissen und Fertigkeiten in der Methode der evidenzbasierten Medizin. Die Designelemente regten zudem zur Reflexion an, machten aber gleichzeitig Barrieren bei einer möglichen Übertragung des Erlernten in den Praxisalltag deutlich. Revisionsbedarf und Vorschläge zur Optimierung wurden abgeleitet.
Schlagwörter: Curriculumentwicklung, Medizin, Weiterbildung
OnBoarding-Veranstaltungen für neuberufene Professor/innen als Element der Lehrkompetenzentwicklung an Fachhochschulen
Autorin: Jana Halgasch
Design-Gegenstand: Veranstaltungskonzept
Der Integration und Sozialisation von neuberufenen Professor/innen an bzw. in Hochschulen kommt eine große Bedeutung zu. Insbesondere kann ein gezieltes Onboarding dazu führen, neuberufene Lehrende von Beginn an auf Ziele der Organisation hin zu sensibilisieren. Im Fall des hier vorliegenden DBR-Vorhabens werden drei Zielstellungen im Bereich der Lehre für die HTW Dresden angestrebt:
Ansprechpartner/innen und Ziele im Bereich der Lehre kennen
Zielkonzepte/Lehrformen der HTW Dresden einsetzen
Constructive Alignment anwenden und reflektieren können
Die HTW Dresden ist eine Hochschule für angewandte Wissenschaften, was für Lehrende eine entsprechend hohe Lehrlast bedeutet. Umso bedeutsamer ist es, Lehrende auch bereits von Beginn ihrer Lehrtätigkeit an in der Weiterentwicklung ihrer Lehrkompetenz zu unterstützen.
Im Rahmen des DBR-Vorhabens wurde ein Onboarding-Programm für neuberufene Professor/innen für den Bereich Lehre konzipiert, in zwei DBR-Zyklen erprobt und überarbeitet. Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen werden ebenso im Vortrag thematisiert, wie das Vorgehen im Rahmen des DBR-Projektes und die Darstellung verwendeter Forschungsmethoden. Im Designprozess und während der Durchführung wurden regelmäßig Meinungen von Kolleg/innen, Vorgesetzten und am OnBoarding-Prozess beteiligten Peers erhoben und flossen iterativ in die Entwicklung ein. Darüber hinaus wird im Vortrag betrachtet, ob die mit dem Vorhaben verbundenen Zielstellungen mit der gestalteten Intervention erreicht werden konnten.
Die Arbeit lässt sich, neben der methodologischen Rahmung durch den DBR-Prozess, in einen hochschuldidaktischen Kontext einordnen und enthält ganz selbstverständlich auch Querbezüge zur Hochschulforschung.
Schlagwörter: Lehrkompetenz, Hochschuldidaktik, Fachhochschule
„Offene Werkstatt OPAL‘‘ – Entwicklung und Durchführung eines Austauschformates für das Lern-Management-System der HTW Dresden
Autor: Thomas Heider
An der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden ist der Nutzungsgrad des Lern-Management-Systems OPAL in der Lehre in den letzten Jahren auf fast 90% gestiegen. Damit verbunden ist auch ein enormer Anstieg an Unterstützungsbedarf. In einer dazu durch das Prorektorat Lehre durchgeführten Bedarfsabfrage an den Fakultäten wurde vielfach der Wunsch nach mehr kollegialem Austausch angegeben. Vom Prorektorat erhielten die Mitarbeiter des Bereichs Hochschuldidaktik/Digitalisierung die Aufgabe ein neues Angebot zu schaffen, um Lehrenden zum Thema OPAL den gemeinsamen Austausch zu ermöglichen. Ziel des Projektes im Rahmen des MHE-Moduls 2 war die Konzeption und Umsetzung eines solchen Angebotes, der „Offenen Werkstatt OPAL“, auf Basis des Design-Based Research-Modells von McKenney und Reeves. Aus theoretischer Sicht standen dabei die folgenden Fragen im Mittelpunkt:
• Wie sollte ein solches Format didaktisch aufgebaut sein?
• Welche Rahmenbedingungen müssen vorhanden sein, damit ein Austauschformat wie die Offene Werkstatt von Lehrenden angenommen wird?
• Kann ein Format wie die Offene Werkstatt dabei unterstützen, bei Lehrenden ein Bewusstsein für das Lern-Management-System zu erzeugen und sie in den kollegialen Austausch bringen?
Im Projekt wurde ein kompletter Makrozyklus durchgeführt. Im Beitrag zur Projektkonferenz sollen zunächst die einzelnen Mikrozyklen näher beleuchtet und der Schwerpunkt anschließend auf Mehrwerte und Herausforderungen durch den Design-Based Research-Ansatz gelegt werden.
Wissenschaftliches Arbeiten
Autorin: Dr. Nicole Hermannsdörfer
Design-Gegenstand: Veranstaltungskonzept
Die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten gilt als Schlüsselqualifikation. Eine Studentin beschrieb dieses Können einmal in folgendem grundlegenden Satz:
„Beim wissenschaftlichen Arbeiten lerne ich, wie ich sowohl im Studium als auch später im Berufsleben zu verlässlichen Aussagen komme und wie ich diese darstellen kann.“
Ähnlich wie an anderen Hochschulen wird auch in Coburg wissenschaftliches Arbeiten entweder in dafür ausgewiesenen Veranstaltungen oder als Teil in anderen Kursen gelehrt. Was ist Wissenschaft? Wie schreibt man eine Hausarbeit? Welche Methode soll zur Ausarbeitung des Themas verwendet werden? Wie werden wissenschaftliche Ergebnisse dargestellt?...
Doch gerade bei explizit ausgewiesenen Kursen zum Wissenschaftlichen Arbeiten stehen Lehrende und Studierende vor großen Herausforderungen. Studierenden fällt es gerade zu Beginn des Studiums schwer, die Relevanz eines solchen Kurses zu erkennen. Daher werden sie von den Lehrenden oft als unmotiviert wahrgenommen, es wird bemängelt, dass kaum „gute“ wissenschaftliche Arbeiten entstehen. Gleichzeitig besteht auf Seite der Lehrenden oft Unsicherheit über das geforderte Leistungsniveau sowie Art und Umfang der Betreuung.
Ausgehend von dieser praktischen Problemstellung bzw. der Diskrepanzerfahrung wurde der Kurs zum Wissenschaftlichen Arbeiten zum Wintersemester 2019/20 umgestaltet. Der Vortrag gibt einen Einblick in den (Um-)Gestaltungsprozess des Kurses: In welchen Schritten und mit welchen Interventionen wird die Praxis verändert? An welchen Stellen haben wissenschaftliche Erkenntnisse die Design-Entscheidungen beeinflusst? Wo wurde praktischen Erwägungen der Vorzug gegeben? Und schließlich: Welche Erkenntnisse stehen am Ende des 1. Zyklus? Was ergibt sich daraus für das Redesign?
Schlagwörter: Wissenschaftliches Arbeiten, Inverted Classroom
Flipped Counseling
Autorin: Dr. Katharina Prinz
Design-Gegenstand: Veranstaltungskonzept
Beim vorliegenden Forschungsprojekt handelt es sich um die didaktische Umgestaltung der Studiengangsberatung im Magisterstudiengang Ev. Theologie. Ausgangspunkt war die Evaluation des Studiengangsentwicklungsgesprächs mit Studierenden im Rahmen der Reakkreditierung: Gelobt wurden die umfassende individuelle Beratung und kritisiert die fehlende Transparenz sowie spärlich zugängliche Informationen über den Studiengang.
Die Studiengangsberatung vermittelt nicht nur Kenntnisse über die Studienordnung, sondern beantwortet auch individuelle Anfragen zur Studien- und Prüfungsgestaltung. Einmal pro Woche wird eine Sprechstunde angeboten, die zum einen sehr ausgelastet ist und zum anderen Informationen über den Aufbau des Studiums ständig wiederholen muss. In der Folge hat man wenig Möglichkeit und Zeit, individuelle Fragen zu besprechen und Studierende situiert zu beraten.
Um dieses Problem zu lösen, habe ich mich am Inverted bzw. Flipped Classroom Model (ICM) als Kernidee für das Design einer Intervention orientiert. Das traditionelle ICM wird zur Umkehrung der üblichen Lernaktivitäten außerhalb und innerhalb der Lehrveranstaltung genutzt. Analog dazu habe ich das Konzept für ein Flipped Counseling entwickelt. Die Vermittlung von Informationen über den Studiengang, die üblicherweise in der Beratung (in Präsenz) erfolgt, wird nach diesem Konzept in Form eines Screencast-Videos verfügbar gemacht, das die Studierenden selbständig rezipieren. So steht in der Präsenzberatung mehr Raum für individuelle Rückfragen und Vertiefung des Studienverlaufs zur Verfügung. Das Konzept des Flipped Counseling steht auf zwei konzeptionellen Säulen: zum einen Beratung und Coachings und zum anderen medienvermittelte Kommunikation.
Schlagwörter: Studiengangsberatung, Inverted Classroom
Positive Erwartungen und Erfahrungen zur Reduktion von Prüfungsstress nutzen
Autorin: Dr. Katharina Schmidt
Design-Gegenstand: Lehr-Lernkonzept
Studierende in Prüfungsvorbereitungsphasen leiden häufig unter Stress, Angst und schlechtem Allgemeinbefinden. In dem vorliegenden Projekt sollte ein Konzept erarbeitet werden, wie die Zeit der Prüfungsvorbereitung für Studierende (Gestaltungsgegenstand) positiver gestaltet und der Prüfungsstress reduziert werden kann.
Placeboeffekte konnten bereits in verschiedenen klinischen Symptomen, u.a. Stress, Angst und Depression, nachgewiesen werden. Diskutierte Wirkmechanismen sind hierbei positive Erwahrung und Erfahrung (Konditionierung). Die Gabe dezeptiver Placebos ist jedoch mit erheblichen ethischen Bedenken verbunden. In einer randomisierten, kontrollierten Studie untersuchten wir daher den Einfluss einer offenen Placebogabe (Open-Label Placebo, OLP) auf Stress und das allgemeine Befinden während der Prüfungsvorbereitung und das Prüfungsergebnis bei Medizinstudierenden. Es zeigte sich reduzierter Stress und Depression in den Studierenden, die OLP einnahmen. Darüber hinaus wiesen diese Studierenden ein besseres Prüfungsergebnis auf, wenn sie eine positive Erwartung an die OLP Einnahme hatten.
In einem nächsten Schritt erstellten wir ein an Studierende adressiertes Video, um ihnen die Wirkung positiver Erwartung und Erfahrung (Prinzipien) auf ihr Befinden in der Prüfungsvorbereitungsphase zu erläutern und dieses so zu verbessern. Das Video erläutert die Wirkmechanismen des Placeboeffekts, berichtet die Ergebnisse der OLP-Interventionsstudie und zeigt auf, wie die Studierenden positive Erwartung und Erfahrung persönlich und individuell abgestimmt nutzen können, um u.a. ihren Prüfungsstress zu reduzieren. In einem fiktiven nächsten Schritt soll das Video in Studierenden verschiedener Populationen angewandt und hinsichtlich des Befindens in Prüfungsvorbereitungsphasen evaluiert werden.
Schlagwörter: Prüfungsstress, Reflexion
Lernprogramm in der Statistik - Lernen mit unvollständigen Lösungsbeispielen und elaboriertem Feedback
Autor: Steven Schuhmacher
Design-Gegenstand: Digitales Werkzeug
Das Ziel in diesem Forschungsprojekt war es, die Leistungen der Studierenden in dem Modul Statistik, insbesondere bei der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu verbessern und entsprechende Gestaltungsprinzipien zu generieren. Um diese Kombination aus praxisrelevanter und theoretischer Zielsetzung zu erreichen, wurde das Projekt nach dem Ansatz des Design-Based Research durchgeführt. Dabei wurde sich an dem Modell von Dieter Euler (2014) orientiert. In diesem Projekt wurde ein Lernprogramm für die Selbstlernphase der Studierenden entwickelt, dass in die Lernplattform Moodle eingebunden wurde. Folglich konnte die Studierenden selbstständig entscheiden, ob sie es beim Lernen bzw. der Klausurvorbereitung nutzen möchten. Der didaktische Fokus im Designprozess des Lernprogramms lag auf dem Einsatz von unvollständigen Lösungsbeispielen und von elaboriertem Feedback. Bei der Evaluation wurden die statistischen Daten von Moodle und der Klausur, sowie die erfassten Daten mittels einem Online-Fragebogen ausgewertet. Die Evaluationsergebnisse nach dem ersten absolvierten Zyklus zeigen, dass die Studierenden, die das Lernprogramm genutzt haben, besser in der Wahrscheinlichkeitsrechnung abschneiden, als diejenigen die es nicht genutzt haben. Des Weiteren zeigen die Ergebnisse, dass das elaborierte Feedback einen großen Mehrwert für die Studierenden darstellt. Im Gegensatz dazu haben sich bei den unvollständigen Lösungsbeispielen drei Gruppen von Studierenden herauskristallisiert. Die erste Gruppe hat die unvollständigen Lösungsbeispiele nicht genutzt, die zwei Gruppe fand diese hilfreich und die dritte Gruppe fand diese nicht hilfreich. Dieser Sachverhalt wird im zweiten Zyklus des Design-Based Research näher untersucht.
Schlagwörter: Informatik, Statistik, digitale Lerninhalte